(24.02.2017)
Die Hololens. „Ach, macht Microsoft mal wieder Google und Samsung alles nach – die waren schließlich die ersten mit einer 3D-Brille, dieser Pappkarton, wo man ein Handy reinsteckt.“ So oder so ähnlich werden viele Leute denken, die das erste Mal ein Bild der Hololens sehen.
Doch weit gefehlt. Bereits vor vier Jahren hatte Microsoft die erste Hololens auf dem Markt, d.h. dass die Entwicklung der Hololens bereits einige Jahre früher anfing und sie wurde in einem Early Access Programm gut verkauft! Aber warum? Was ist daran so anders?
Tabelle mit den Unterschieden der verschiedenen Realitäten
Nein, die Hololens setzt hier Maßstäbe, indem sie die perfekte Basis für vielerlei Anwendungsmöglichkeiten darstellt. Wer hier bei einem Einkaufspreis von ca. 5.000 € oder 3.000 € für Entwickler zuckt, hat schon verloren – denn ihm fehlen dann die rund 25.000 € (oder mehr, oder weniger), die dann die Anwendungsentwicklung kostet, die er für die Hololens entwickeln muss, um sie überhaupt produktiv für den geplanten Zweck einsetzen zu können.
Aber wie macht sie das? Die Hololens ist im Gegensatz zu vielen anderen 3D-Brillen ein kompletter PC, es ist kein Rucksack mit PC oder anderen Komponenten nötig. Die Hololens ist übrigens mit einigen CAD-Anwendungen kompatibel. Wer schon mal mit CAD gearbeitet hat, weiß, dass dazu entsprechend viel Rechenpower benötigt wird, womit klar ist, dass sie mehr Rechenpower als ein durchschnittlicher Laptop hat. Bei komplexeren Objekten kann sie für die Berechnung nicht sichtbarer Teile auf Ressourcen in der Cloud zurückgreifen.
Die Holones ist ein eigenständiger Computer
Deshalb ist in der Hololens auch keine normale CPU (Central Processing Unit) und auch keine GPU (Graphic Processing Unit), sondern eine HPU (Holographic Processing Unit) verbaut. Womit wir hier die neben dem x86-PC, den ARM-Tablets, der Xbox und Mobile Phones eine weitere Hardware-Plattform haben.
Ja, und welches Betriebssystem läuft nun auf der Hololens? Windows. Genauso wie auf dem PC, den Tablets, der Xbox, den Phones und allen anderen Geräten. One Windows lautet die Devise, hier erhaltet Ihr einen Einblick, was sich dahinter verbirgt.
Doch zurück zur Hololens. Zusätzlich zu den verschiedenen Kameras, zwei zur Erfassung der Blickrichtung – ich „steuere“ mit der Nase, nicht mit den Augen, denn die sind zu unruhig – hat sie weitere vier zur Erfassung meiner Gesten und der Umgebung. Die Hololens wird mit bestimmten, verschiedenen Gesten gesteuert (siehe Kinect) und nicht etwa per Joystick oder Game Controller.
Transparente Optik der Hololens
Auch Sprachsteuerung beherrscht die Hololens über Cortana – für viele Techniker die einzig sinnvolle Möglichkeit, da sie die Hände mit Bauteilen und Werkzeug voll haben. Womit wir zu einem weiteren Anwendungsbeispiel kommen:
Wie lange läuft denn so eine Hololens? Etwa vier Stunden bei aktiver Benutzung. Das hängt auch vom Sichtfeld ab, denn das ist mit rund 70° relativ klein. Das ist aber für die Techniker weniger von Bedeutung, da sie sich meist sowieso auf einen recht kleinen Bereich fokussieren – ihnen ist die Laufzeit viel wichtiger. Wäre das Blickfeld so groß wie das menschliche Blickfeld, so würde die Hololens wohl eine viel kürzere Laufzeit haben.
Etwas, was der Benutzer nicht sofort erwartet, ist die Akustik, mit der die Hololens ausgestattet ist. Denn die eingebauten Lautsprecher (rot im obigen Bild) sind auch ein 3D-Soundsystem. Mit verbundenen Augen kann der Träger der Hololens zielsicher ein tönendes Objekt, z.B. eine tickende Uhr, im Raum orten und finden.
Lauffähig auf der Hololens sind übrigens alle UWP-Apps. Eigene Programme speziell für die Hololens können über eine eigene API programmiert werden.
Die Transparenz der Hologramme ist dabei frei einstellbar – bei dem Stent eher hoch, denn der Arzt muss die Arterie sehen können, in einer Werkstatt ist sie eher niedrig, denn hier spielt vielleicht der Gesamteindruck die größere Rolle.
Die Hololens rechnet übrigens im metrischen Format, was bei Amerikanern am Anfang etwas der Gewöhnung bedarf. Das ist wichtig, da die Hololens natürlich auch Entfernungen exakt messen können muss und weltweit ist hier das metrische System tonangebend. Die selbst erstellten eigenen Apps werden dann sehr simpel (im Gegensatz zu anderen Smartphone-OS) per Side Loading installiert, oder über einen sicheren Office for Business-Account bereitgestellt (Pendant zu einem Microsoft-Konto, bei dem Firmen eine eigene Cloud, Webseite, Kommunikationsplattform, Firmen-Store mit eigenen Anwendungen usw. haben).
Es gibt bereits einige Programme, die Augmented Reality nutzen. So haben z.B. IKEA und Villeroy & Boch jeweils eigene Programme entwickelt, die die eigenen Produkte in das Video der eigenen Wohnung einblenden können. Wer hier mehr erfahren will, dem sei empfohlen, mit den Suchworten „Hololens“ und „Möbel“, oder „Spiel“, oder „Thriller“, oder, oder… mal zu bingen. Es ist erstaunlich, wie viele verschiedene Ideen und Anwendungsbeispiele man bereits finden kann, die nur auf günstige Brillen und damit auf die breite Masse warten.
Auch Spiele sind natürlich denkbar und sicherlich mindestens so unterhaltsam wie die Nutzung einer Xbox. Im Internet habe ich ein Spiel, einen Thriller, gesehen, der in der eigenen Wohnung passiert. Die eingeblendeten Personen nutzen auch das eigene Sofa und interagieren mit dem, was in der eigenen Wohnung vorhanden ist.
Allerdings überlässt hier Microsoft den Verkauf günstiger Consumer-Brillen den OEMs, die schon einige Modelle in der Entwicklung haben. Microsoft ist schließlich kein Hardware-Produzent, sondern in erster Linie ein Software-Hersteller, der ab und an auch Hardware-Referenzgeräte produziert (die Lumias waren da sozusagen ein „Ausrutscher“).
Ihr seht, die originale (!) Microsoft Hololens ist eher nichts für den privaten Alltag. Als weit verbreitetes Arbeitsgerät oder als Spielzeug ist sie aber sicherlich denkbar und vermutlich nur eine Frage der Zeit. Die OEM-Hersteller werden dann dafür sorgen, dass das System auch in den privaten Räumen Fuß fassen wird. Ich könnte sie mir z.B. auch sehr gut beim Erfassen und Katalogisieren von geschützten Pflanzen oder Tieren in der freien Natur vorstellen. Oder Geocaching per Hololens. Oder Lauf-/Fitnesstraining mit eingeblendeten Gegnern, Feinden, Verfolgungsjagden usw.
Was glaubt Ihr, wo wird sie Euch persönlich als erstes begegnen?
Anmerkung: Der Artikel enthält auch Meinungen des Autors. Die Meinung des Autors spiegelt nicht notwendigerweise die Ansichten von WindowsUnited oder anderer Mitarbeiter wider.
Quelle: Microsoft DeviceTour plus